Katja Weitzenböck
Intimacy Coordinator Berlin
Schauspielerin Katja Weitzenböck hat die erste Weiterbildung zum Intimacy Coordinator 2022 in Deutschland am Culture Change Hub von Barbara Rohm in Kollaboration mit TIE (Theatrical Intimacy Coordination) erfolgreich beendet.
„In den 30 Jahren, die ich mittlerweile auf internationalen Filmsets und Theaterbühnen als Schauspielerin arbeite, habe ich am eigenen Leib oft genug erlebt, dass das Darstellen von intimen Szenen eine Ausnahmesituation für alle Beteiligten bedeutet, nicht nur für die Schauspieler*innen. Oft genug hätte ich mir gewünscht, dass diese Szenen besonders betreut, besser geschützt und vorbereitet, klarer abgesprochen werden, dass weniger Klischees hergestellt werden, die aus mangelnder Expertise und latenter, unausgesprochener Überforderung entstehen. Nun kann ich diese besondere Betreuung und Professionalisierung von intimen Szenen als Intimitätskoordinatorin selbst anbieten, und das freut mich sehr. Ich bin davon überzeugt, dass Intimätskoordination im Umgang mit intimen Szenen notwendig ist und eine entscheidende Verbesserung bewirkt, in der Vorbereitung, beim Drehen oder auf der Probebühne, und beim Endergebnis.
Im Frühjahr 2021 sah ich bei einem Streaming Dienst eine Serie, deren intime Szenen mir als besonders authentisch, aussagekräftig jenseits von Worten, abwechslungsreich und überzeugend auffielen. Ich wollte wissen, wie die Serie entstanden war und recherchierte im Netz. Ich stieß auf ein Interview mit der Hauptdarstellerin, in der sie von den Drehvorbereitungen erzählte und dass sie und ihr Kollege mit einer Intimitätskoordinatorin gearbeitet hätten. Sie meinte, sie wolle nie wieder ohne arbeiten, weil es so großartig und hilfreich gewesen sei. Das war das erste Mal, dass ich von Intimitätskoordination hörte. Und ich dachte sofort: Wow. Das will ich machen, das will ich lernen.
Neben der ausgedehnten Weiterbildung zum Intimacy Coordinator am Culture Change Hub und kontinuierlicher Fortbildung stütze ich meine Expertise dafür auch auf meine langjährige Erfahrung als Schauspielerin an internationalen Filmsets und Theaterbühnen. Ich bin beheimatet in beiden Bereichen, vertraut mit den Abläufen und kenne das Innenleben der Schauspielenden.
Ist die private Intimität der Schauspielenden geschützt, können sie sich ganz auf die Intimität ihrer Figuren einlassen und sie in ihrer Fülle und Tiefe zum Ausdruck bringen.“
Katja Weitzenböck, Intimacy Coordinator
Die Intimacy Coordinator Weiterbildung am Culture Change Hub entstand in Kooperation mit dem BFFS (Bundesverband Schauspiel/Bühne/Film/Fernsehen/Sprache). Sie wurde unterstützt von: BFFS, Medienboard Berlin Brandenburg, MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, ÖFI österreichisches filminstitut, focal.
Ein herzlicher Dank allen Förderinnen und Förderern!
Presse
Neues Berufsfeld „Initimitätskoordinator“
So sorgt man für sichere Sexszenen
Interview auf Stern.de vom 15.11.2022
Ein Intimacy Coordinator bzw. eine Intimitätskoordinatorin wird von einer Film- oder Theaterproduktion engagiert und unterstützt die Produktion bei der Darstellung von intimen Szenen oder Szenen mit Nacktheit, sexuellen Handlungen, Küssen oder sexualisierter Gewalt.
Einführung vom Culture Change Hub:
„Intimacy Coordinator sind Partner:innen der Regie und der Schauspieler:innen mit dem Ziel, gemeinsam authentische und mitreißende Szenen zu erschaffen. Damit sich die Vision der Regie entfalten kann, ist es die Aufgabe des Intimacy Coordinators, Emotion und Beziehung mit den Schauspieler:innen präzise und detailliert zu choreografieren. Vom klassischen Filmkuss, über die Darstellung von leidenschaftlichem Sex bis zu Vergewaltigungen entstehen mit Hilfe des Imtimacy Coordinatings bewegende Szenen und gleichzeitig werden die persönlichen Grenzen und die private Sexualität der Schauspieler:innen geschützt.
Die Weiterbildung findet in Kooperation mit dem Bundesverband Schauspiel e.V. BFFS statt, der hohe Qualitätsmaßstäbe ansetzt. Es ist unser Anliegen, die Teilnehmer:innen so gut wie möglich auf ihre Arbeit am Set vorzubereiten und sie mit dem Handwerkzeug für die optimale Unterstützung der Darstellung von intimen Szenen auszustatten.“
„Ist die private Intimität der Schauspielenden geschützt, können sie sich ganz auf die Intimität ihrer Figuren einlassen und sie in ihrer Fülle und Tiefe zum Ausdruck bringen.“
Katja Weitzenböck, Intimacy Coordinator
Als Intimitätskoordinatorin trete ich – möglichst vor Beginn der Dreharbeiten – in Kontakt mit dem kreativen Team (Regie oder Regieassistenz, Kamera, Schauspieler*innen) und kläre den Auftrag: Welche Szenen sollen entstehen? Und was wollen die Beteiligten wie erzählen?
Wenn gewünscht, unterstütze und berate ich bereits gerne den Drehbuch- und Casting- Prozess.
Ein Großteil der Arbeit als Intimacy Coordinator besteht darin, VOR dem Drehen der Szene/n alle Fragen und Unklarheiten herauszufinden, zu beantworten und zu klären. Am Drehtag selbst sollen alle genau wissen, was sie erwartet, was sie zu tun haben und sollen sich darauf einstellen können.
Mit Kostüm und Maske kläre ich den Einsatz von modesty garments (Intimschutz) u.ä. ab.
Ich bereite die Szenen mit den Schauspieler*innen in einer Probe vor – mit oder ohne Regie, so wie gewünscht. Dabei werden die Ideen der Beteiligten und die Vorgaben der Regie berücksichtigt. Die Probe findet am besten vorab statt, zur Not am Drehtag.
Ähnlich wie ein Stunt Coordinator erarbeiten wir in der Probe eine bewusst technische Choreographie von simulierten, intimen Vorgängen, keinen „echten“ Sex. Die Schauspieler*innen sollen nicht ihre private Intimität exponieren müssen. Es werden Positionen erarbeitet, in denen der Kontakt der Genitalien stets vermieden wird. Das gewünschte Storytelling soll dabei in Körper- Bewegung, Berührung, Formen und Töne übersetzt werden. Die Probe findet ohne Nacktheit statt, Küsse werden durch Platzhalter-Gesten ersetzt. Bei der Probe verwende ich eine entsexualisierte Sprache und etabliere Grenzen und Zustimmung der beteiligten Schauspieler*innen. Ich protokolliere das Ergebnis der Probenarbeit.
Am Drehtag betreue ich die Schauspieler*innen am Set, damit das Drehen der Szenen für alle Beteiligten – vor allem für die Schauspieler*innen – professionalisiert, sicher und ohne Überraschungen ablaufen kann. Nach dem Drehtag fertige ich ein Endprotokoll für die Produktion an.
Sicher heißt: Innerhalb des choreographierten Rahmens und der von ihnen gesetzten Grenzen, sowie mit ihrer Zustimmung können sich die Schauspieler*innen sicher fühlen und angstfrei ihre Schauspielarbeit in voller Intensität entfalten.
Professionalisiert heißt: Die in der Probe erarbeitete, technische Choreographie von simulierten, intimen Vorgängen ist eine klare Abgrenzung von „echtem“ Sex. Sie ist wiederholbar und schützt die private Intimität der Schauspieler*innen. Es werden Positionen und Bewegungen erarbeitet, in denen der Kontakt der Genitalien stets vermieden wird. Der geregelte Ablauf des Vorbereitungsprozesses gibt allen Beteiligten eine Struktur, unterstützt die Teamarbeit am Set und ermöglicht insgesamt bessere Arbeitsergebnisse.
- • Vermeidung von Grenzüberschreitungen und ungeklärten Grauzonen im Arbeitsprozess und am Drehort bzw. auf der Theaterbühne
- • Aussagekräftige, klischeefreie, authentische, intensive und überzeugende Darstellung von Intimität und Sex
- • Kultivierung von Kommunikation und von Eigenverantwortung bei den Schauspieler*innen
- • Zeitersparnis am Set beim Drehen von intimen Szenen
- • Erleichterte, glückliche Schauspieler*innen, Regisseur*innen, Filmteams
- • Individuellere Sexszenen und insgesamt bessere Ergebnisse
- • Closed Set“ Regeln: Diese Instruktionen an das Team werden der Produktion zur Verteilung für den Drehtag der intimen Szenen zur Verfügung gestellt.
- • Vorbereitung von „Nudity Rider“: Das ist ein möglicher Vertragszusatz für Schauspielende, der präzise festhält, zu welcher Nacktheit der/die Schauspieler/in in welcher Szene bereit ist.
- • Proben-/End-Protokolle
- • Modesty Garments: Intimschutz
- • Hilfsmittel: Kissen, Stützen, Bademantel u.a.
- • Klare Kommunikation
- • Gewaltfreie Kommunikation
- • Traumainformierte Gesprächsführung durch entsexualisierte Sprache u.a.
- • Klärung von Fragen, Bedenken, Sicherheitsfragen
- • spezielle Regeln bei Arbeit mit Minderjährigen
- • Etablieren von Grenzen durch die Übung „Boundary Practice“ nach TIE (Theatrical Intimacy Education)
- • Festlegen eines „Stop-Wortes“
- • Choreographieren mit Anleitungs-Elementen nach TIE (Theatrical Intimacy Education) für Bewegung, Berührung, Form, Töne, Atem
- • „Anker“-Techniken zur Vermeidung von Kontakt der Genitalien
- • Alternative Vorschläge für Bewegungen, Positionen und für das visuelle Storytelling
- • Platzhalter statt Küsse in der Probe
- • Probe immer mit Kleidung
Safe Space – Dieser heutzutage oft verwendete Begriff suggeriert die Existenz und den Anspruch auf absolute Sicherheit. Intimitätskoordination bietet und garantiert einen Arbeitsprozess, der größtmögliche Sicherheit herstellt, da er einen Raum aufmacht, in dem die Schauspieler*innen sich des Schutzes ihrer selbst definierten Grenzen sicher sein können und in dem kein Überrumpeln stattfindet. Dieser Vorbereitungsprozess kultiviert Selbstfürsorge, baut Vertrauen auf und vermittelt das Gefühl von Sicherheit bei allen Anwesenden am Set, vor allem bei den Schauspieler*innen. Absolute Sicherheit kann jedoch weder existieren noch garantiert werden, da Sicherheit ein subjektives Gefühl ist, das jede(r) individuell und gemäß ihrer/seiner Erfahrungen anders erlebt.
Wohlfühlen – In Filmen oder auf der Bühne werden oft Menschen in Extremsituationen erzählt. Die Darstellung von intimen Szenen, Küssen, Szenen mit Nacktheit, sexuellen Vorgängen, von sexualisierter Gewalt sind umso mehr Ausnahmesituationen. Es wäre ebenso naiv wie zum Scheitern verurteilt, zu versprechen, dass sich die Beteiligten dabei so wohlfühlen wie zuhause auf der Couch. Intimitätskoordination garantiert stattdessen, dass sich alle Beteiligten, vor allem die Schauspieler*innen, durch Vorbereitung und Proben unterstützt, betreut und geschützt so wohl und so sicher wie möglich fühlen. „Behaglich in der Unbehaglichkeit“, nannte der Regisseur David Mamet den angestrebten Arbeitsmodus. Ein Stress Modus sollte zu jeder Zeit vermieden werden.
IC – ist die oft verwendete Abkürzung für Intimacy Coordinator, für eine/n Intimitätskoordinator*in, die zugegebenermaßen deutlich flüssiger ist als das sperrige, deutsche Wort.
Male gaze und Porno – Filmisches Erzählen von Szenen rund um Intimität, Nacktheit, Sex und sexualisierter Gewalt sind geprägt und dominiert von einem männlichen Blick. Porno-Sex hat implizit und explizit großen Einfluss auf die Darstellung dieser Szenen.
Der IC Arbeitsprozess bietet die Möglichkeit, sich dieser unbewussten Beeinflussung gewahr zu werden und sie, sofern gewünscht, zu umgehen. Das Resultat kann eine gleichberechtigte, klischeefreie Darstellung von einvernehmlichem Sex sein, bei der die Objektivierung der Frau vermieden wird, die mehr spielerische Freude und Impulsübernahme aller Partner*innen zeigt und neue, andere Vorbilder für das Publikum erschaffen kann.
Sexpolizei – Es geht bei Intimitätskoordination nicht darum, die simulierten, intimen oder/und sexuellen Vorgänge, die Inhalt der Szenenarbeit sind, moralisch zu be- oder verurteilen. Aufgabe des IC ist es vielmehr, dafür zu sorgen, dass der strukturierte Arbeitsprozess mit den Schauspieler*innen mit Respekt und ohne Verletzung der vorher definierten Grenzen stattfindet, dass er aufgeklärt, professionalisiert, wiederholbar und effektiv abläuft und dabei glaubwürdige, intensive Szenen entstehen.
Intimitäts-Coach – Ein Intimitätskoordinator ist kein Psychologe, gibt keine psychologische Beratung oder Akutberatung in Intimfragen. Das fällt in den Kompetenzbereich von dafür ausgebildeten Personen – passende Ansprechpartner*innen vermittle ich bei Bedarf.
Stunt Coordinator – Wenn Szenen mit Darstellung sexualisierter Gewalt gewaltvolle, physische Bewegung beinhalten, z.B. Fallen auf Glas oder Gegenstände, muss ein Stunt Coordinator ebenfalls hinzugezogen werden, der die Fragen der Sicherheit und die technische Durchführung übernimmt. Ein Intimacy Coordinator arbeitet aber wie ein Stunt Coordinator bei intimen Szenen.
Regie – Ein/e Intimitätskoordinator*in übernimmt nicht den Regie Posten in intimen Szenen, sondern unterstützt in partnerschaftlicher Kollaboration den/die Regisseur*in bei der Umsetzung seiner/ihrer Visionen und des von ihm/ihr gewünschten Storytelling.
- 2023
- • „Pumpen (AT)“, Serie, ZDFneo, Regie: Lynn Oona Baur, Produktion: Studio Zentral
- • „Polizeiruf 110 – Funkensommer (AT)“, TV-Film (Reihe), BR, Regie: Alexander Adolph, Produktion: Sappralot Productions GmbH
- • „Blutige Anfänger“, TV-Serie, ZDF, Regie: Nico Zavelberg, Produktion: Studio.TV.Film GmbH
- • „Oben ohne (AT)“, Spielfilm, Regie: diverse, Produktion: ifs Internationale Filmschule Köln gGmbH
- • „Zeit Verbrechen (AT)“, TV-Serie, Paramount+, Regie: Helene Hegemann, Produktion: X Filme Creative Pool GmbH
- • „Nonexister – Kater (AT)“, Musikvideo, Regie: Garrick Lauterbach, Produktion: Dynamic Frame GmbH
- • „Share Now – Free2move. Everything is better when Shared“, Werbefilm, Regie: Zornitsa Dimitrova, Produktion: Zauberberg Productions GmbH
- • Richard Strauss – „Arabella“, Videoinstallation, Regie: Tobias Kratzer, Produktion: Deutsche Oper Berlin
- • „Eine Billion Dollar“, Miniserie, Paramount+, Regie: Florian Baxmeyer, Produktion: W&B Television GmbH
- 2022
- • „Jellyfish (AT)“, Kurzspielfilm, Regie: Ewan Waddell, Produktion: Runescape Gallery, Ewan Waddell
- • „Constellation (aka Electric Eye) (AT)“, TV-Serie, Apple TV+, Regie: Oliver Hirschbiegel, Produktion: Turbine Studios
- • „Nach uns der Rest der Welt“, TV-Film, SWR, Regie: Franziska Buch, Produktion: Bavaria Fiction GmbH
- • „Herrhausen – Der Herr des Geldes“, Miniserie, ARD, Degeto, HR, rbb, SWR, Regie: Pia Strietmann, Produktion: Sperl Film + Fernsehproduktion GmbH
- • „Intimate.“, TV-Serie, Joyn, ProSieben, Regie: diverse, Produktion: Kleine Brüder GmbH
- • „Hotel Mondial“, TV-Serie, ZDF, Regie: Jurij Neumann, Produktion: ndF neue deutsche Filmgesellschaft mbH
- • „Dinner Time – Steak (AT)“, Ausbildungsproduktion, Regie: Elizaveta Shebaeva, Produktion: Met Film School
- • „Sorry I’m late, I was masturbating“, Kurzspielfilm, Regie: Alena Shevchenko, Produktion: doity Produktion GmbH (als IC + Schauspielerin)
- Weitere Projekte:
- 2023
- • „Il Teorema di Pasolini“, Oper, Intimacy Coordinator, Regie: Theaterkollektiv Dead Centre, Produktion: Stiftung Deutsche Oper
- • iSFF-Lehrgang „Camera Actors Studio“, Lehrtätigkeit, Dozentin für Intimitätskoordination, Firma: iSFF (Institut für Schauspiel-, Film- und Fernsehberufe)
- • 2024: Zertifikat MHFA (Mental Health First Aid) Ersthelfer
- • 2023: Weiterbildende Workshops als IC bei TIE (Theatrical Intimacy Education)
- • 2022: Weiterbildung zum Intimacy Coordinator am Culture Change Hub, Berlin
- • Schauspielausbildung an der FACT (Franco American Cinema Theatre) bei Sarah Eigerman und John Strasberg, Paris
- • Tanzausbildung bei Karin Waehner, Paris
- • Anusara-Yoga-Lehrer-Ausbildung bei ParApara, Berlin
- • zahlreiche Schauspiel Workshops bei Frank Betzelt, Susan Batson, Jens Roth, Heike Hanold-Lynch, Tantra Workshops bei Ilka Stoedtner, Berlin
- • Weiterbildung zur Intimitätskoordinatorin am Culture Change Hub in Berlin bei Barbara Rohm in Kollaboration mit dem TIE (Theatrical Intimacy Education)
- • deutsch: Muttersprache
- • englisch: Sehr gut
- • französisch: Sehr gut
Mehr zu meiner Arbeit als Schauspielerin und zu mir finden Sie auf meiner Webseite:
www.katjaweitzenboeck.de